"Die haben mich einfach abgeballert"
Dietfried Dembowski will sich an den Investoren-Protesten beteiligen. Er kommt zu spät. JHS empfängt schon wieder einen neuen Gast. Und der BVB? Fährt zur Klub-WM!
Die Damen, die Herren! Herzlich willkommen bei der neuen Folge „Dembowski Ermittelt“. Nehmen Sie sich Zeit. Es lohnt sich heute. Und wenn Sie durch sind, schauen Sie unten noch genauer hin. Der BVB ist für die Klub-WM qualifiziert. Ein paar andere Neuigkeiten kommen noch hinzu. Viel Spaß - und erzählen Sie Ihren Freunden von diesem Newsletter.
Der LKW kam zur Unzeit. Er hatte Fracht, die niemand mehr brauchte. Weil Dembowski die Proteste in den Stadien so gut gefallen hatten, wollte er für das Spiel Union Berlin gegen Borussia Dortmund am ersten März-Wochenende vorbereitet sein. Doch mit dem Eingeständnis des Scheiterns von Hans-Joachim Watzke und dem zumindest vorläufigen Ende aller Unmutsbekundungen in den deutschen Stadien waren die Vorbereitungen hinfällig.
So schleppte der Ermittler jetzt inmitten der Winterstürme hunderte von Kisten mit Tischtennisbällen in den Keller des Soldiner Ecks. Er hörte sich dabei die wüsten Beschimpfungen von Hauke Schill an, der sich an die Zeiten des alten „Ping Pong Clubs“ auf der Eberswalder Straße erinnerte führte. Dort hatte er früher immer ein paar Vodka Rhabarber geschlürft und beim Rundlauf immer gegen JHS verloren.
Sie kannten sich damals noch nicht und die Musik war grauenhaft. Egotronic, Mediengruppe Telekommander und wie all diese Bands hießen. Er hatte den Hype nie verstanden und dann lieber seine eigene Kneipe eröffnet. Jetzt aber musste er darüber nachdenken, den Billardtisch gegen eine Tischtennisplatte auszutauschen. Half ja nichts. Bälle hatten sie genug. Warum Dembowski ausgerechnet Tischtennisbälle und nicht Tennisbälle gekauft hatte, war ihm bereits vorher ein Rätsel gewesen.
Ein Rätsel, das JHS nicht lösen wollte. Der Datenfuchs hatte mal wieder andere Dinge im Kopf. Nachdem er neulich schon den kauzigen Amerikaner empfangen hatte, saß er nun mit einem schlacksigen, alternden Typen am Tisch. Gemeinsam begutachten sie einen Nokia-Knochen. „Die Zahl meiner Feinde ist deutlich gesunken, aber ich immer habe immer noch welche. Deswegen Nokia! Abhörsicher“, sagte der Typ, der mit Sicherheit die 2 Meter erreichte. „Wie damals in Caracas“, pickste ihn JHS und gemeinsam ergingen sie sich in Erinnerungen an Venezuela. Beide hatten da Zeit verbracht. Beide waren irgendwie auf der Flucht gewesen. Der eine vor dem Gesetz, der andere vor dem Leben. Doch, was sie verband, das wussten nur sie.
Der, der auf der Flucht vor dem Gesetz war und sich hier als Simon Heske ausgab, so viel hatte Schill mitbekommen, sprach leise, aber immer wieder waren Wortfetzen zu vernehmen. „War gerade am Telefon. Wollte mich informieren, da haben die mich einfach abgeballert“, sagte er nun. „Ich konnte dem Kollegen am Telefon jetzt nicht sagen: Verpiss Dich, ich habe hier wirklich gerade andere Probleme. Hab ihn dann gefragt, wie das Wetter ist und dann … Hab’s überlebt“, sagte Simon und sogar Dembowski schaute jetzt interessiert hin.
Der Ermittler ließ eine Kiste Tischtennisbälle fallen, die sich über den Boden verteilten. „Spielabbruch“, rief Reiser von der Theke und schmiss sich eine neue Weißweinschorle rein. Dembowski stolperte zur Jukebox und drückte das erstbeste Lied. Culture Club. Karma Charmeleon. What a song! Da ging jeder sofort mit. Es war die beste Deckung, gerade, wenn dann da noch nen Steini Schulle stand.
Simon war in seinen Erzählungen mittlerweile bei irgendwelchen Investoren angekommen. „Das war als Hands-On damals“, sagte er und wurde ganz nostalgisch: „Ich weiß noch, wie stinkig und neidisch ich war bei Gazprom und Schalke. War mein Investoren-, mein Betätigungsumfeld“, erzählte er und Dembowski wusste immer noch nicht, worum es hier ging. „Und da gab es eine Fundamentaldiskussion, wenn wir da nehmen. Ich habe gesagt: Wir nehmen den, der uns am meisten Kohle hinlegt, verdammt nochmal. Wir machen hier eine schöne Party und dann ziehen wir uns alle ordentlich an und die Mädchen, die 50 Jahre sind, werden mal so auf 20 getrimmt. Mit Lippenstift und Make-Up, dann holen wir den besten Preis, verdammt nochmal.“
Schien auf jeden Fall ein interessanter Typ zu sein, den JHS da ausgegraben hatte. Auch nicht so verschlossen wie dieser Pat neulich, dachte Dembowski. Er hörte weiter zu. In der Jukebox drehte sich mittlerweile Neko Case mit Joe Pernice. Beide hatte er vor langer Zeit geliebt. Klang gut, so wie das, was Simon jetzt erzählte.
„Du kaufst von einem guten Bekannten ein Auto unter Wert, alle machen da mit. Das Autohaus sagt: Ist geprüft. Dein Bekannter sagt: Ich bin Dein bester Buddy seit 15 Jahren. Kannst mir vertrauen. Dann stellt sich raus, dass es ne manipulierte Zitrone ist: Kompletter Schrott!“, schimpfte Simon und Dembowski konnte ihn komplett verstehen. JHS nickte nur und machte sich Notizen: „Da kannst Du jetzt ganz christlich sein, das bin ich heute, also sagen: Okay! Damals: Nicht mit mir Jungs. Der Hase läuft nicht so. Jetzt geht es los! Jetzt geht es in den Ring! Ich konnte mir nicht leisten bei so einem öffentlichen Deal eine Schlappe zu kassieren, obwohl es mich wirtschaftlich nicht tangiert hätte.“
Dem JHS-Kumpel musste wirklich übel mitgespielt worden sein. „Ich bin ein Kampfschwein“, sagte er: „In der Gemeinschaft der Großkapitalisten ist es doch so: Wenn Du Dir da eine Blöße gibst, und dann das nicht ausfechtest. Dann meint der dritte Kollege und dann der vierte Kollege er kann Dir auch. Das ist so eine Capo-Mentalität: Wenn Dich einer anpinkelt als Capo, auch wenn Dich das eigentlich gar nicht großartig stört, musst du leider ein bisschen aktiv werden, damit nicht andere auf dumme Ideen kommen.“
Dembowski hatte keine Ahnung, was da alles sollte. Was war das für ein Typ? Auch Reiser trank jetzt mehr als nötig. Golden Brown spielte in der Jukebox und die Geschichte wurde immer atemloser. „Ich kannte den schon irrsinnig lange. 15 Jahre. Der war so ein Value-Investor und der wusste sicher, wie öde das aussieht außerhalb der Bilanz“, sagte er. Die Musik wurde lauter. Kurz verstanden sie nichts mehr.
Dann redete Simon wieder wie ein Wasserfall: „Da sind so viele Verpflichtungen gewesen. Die Verluste waren viel, viel größer. Die Schulden waren viel, viel größer. Ich habe einfach gedacht, weil ich mich ja schon in diesem Umfeld bewegte. Ich dachte: Das Ding handle ich mal kurz durch an Lashkmi Mittal oder an Aracdi Gaydamak oder an Viktor Vekselberg, also an einen dieser recht bekannten Milliardäre“, erzählte Simon. „Einfach ein schneller Trade. Das wären dann fünf bis zehn Millionen Euro Gewinn gewesen in kurzer Zeit. Hab die auch noch ganz günstig geschossen, relativ zum Börsenkurs. Wenn man meint, dass man günstig einstiegt“, lachte er. „Dann fällst Du auf die Schnauze“, ergänzte JHS, der sein Schweigen unterbrach. „Genau! Jahhahaha! Das war dann aber ein kalter Schauer danach. Und gerade in der Phase, in der ich in der Umplatzierung war, kommt eine Leiche nach der anderen an den Tag. Night of the living dead war das.“
Dann stand Simon auf und ging. „Wer zum Teufel war das?“, fragte Dembowski, aber JHS ging und sagte nur „ein alter Bekannter“.
Ist der BVB jetzt für die Klub-WM 2025 qualifiziert?
Was für eine Frage! Natürlich! Aki Watzkes Nachfolger kann mit der Kohle und dem Umsonst-Marketing planen. Besser als jede Pre-Season-Tour durch Asien oder die USA. Der BVB gehört zu den besten 32 Klubs der Welt, laut FIFA. Also, wenn RB Leipzig nicht doch noch die beste Mannschaft der Welt stellt. Qualifiziert für das Turnier in den USA im Sommer 2025, ein paar Tage nach den Spielen der UEFA Nations League, sind als Gewinner der letzten Jahre bereits Chelsea, Real Madrid und Manchester City. Mit dem FC Bayern, PSG, Inter, Porto und Benfica haben bereits fünf weitere Klubs ihren Startplatz sicher. Da die UEFA insgesamt zwölf der 32 Teams stellen wird, bleiben vier europäische Teilnehmer offen. Kein Land darf mehr als zwei Teilnehmer stellen, außer eine Liga stellt in den letzten vier Spielzeiten inklusive der laufenden mehr als zwei Gewinner. Das trifft aber nur noch auf die Premier League zu. Dort könnte Arsenal noch zu Chelsea (Gewinner 2021) und Manchester City (Gewinner 2023) stoßen.
Deutschland wird einen Platz erhalten. Zwei Klubs streiten sich noch darum: Borussia Dortmund und RB Leipzig. Die Dortmunder haben nach ihrem mühsamen Punkt beim PSV Eindhoven mit nun 68 Punkten ihren Vorsprung auf das Kunstprodukt aus Sachsen auf sechs Punkte ausbauen können. Das sind gute Nachrichten für die Finanzplaner im Ruhrgebiet und traurige für den Brausefabrikanten. Mit einem Sieg bei Real (2 Punkte) und dem Weiterkommen (1 Punkt) kämen sie auf 65 Punkte.
Das bedeutet: RB benötigt jetzt mindestens den Einzug ins Halbfinale, um der Borussia den Platz noch streitig zu machen. Ähnlich klare Verhältnisse auch in Italien. Dort hat Juventus (47 Punkte) immer noch fünf Punkte Vorsprung auf Napoli (42 Punkte). Obwohl Juve keine weiteren Punkte sammeln wird, müsste Napoli nicht nur Barcelona rausschmeißen, sondern auch im Viertelfinale mindestens einen Sieg sammeln. Das erscheint wenig realistisch. Lazio (35 Punkte) könnte mit einem echten Lauf und nur Siegen bei einem Finaleinzug die Qualifikation sicherstellen.
In Spanien hofft Barcelona nicht nur auf den Gewinn der Champions League, sondern auch auf die Qualifikation zur Klub-WM. Die kann aber nur gelingen, wenn Barca (56 Punkte) noch sechs Punkte auf Diego Simeones Atletico (62 Punkte) aufholt. Dürfte kompliziert werden und so führt der Weg wohl nur über den Titelgewinn. Darauf hoffen auch noch Real Sociedad, Arsenal, Kopenhagen und Eindhoven. Sollte die drei letztgenannten Teams jedoch daran scheitern, öffnet sich die Tür für RB Salzburg, die international aber nur FC Salzburg genannt werden dürfen. Sie wissen schon, der Sponsor. Wäre natürlich eine Schmach für RB Leipzig, aber sonst auch traurig.
Und was ist mit dem fünften Platz in der Champions League?
Anders sieht es leider nach dem Debakel in Europa im Rennen um den fünften Platz in der neuen Champions League aus. RB Leipzig und der FC Bayern mit Niederlagen in der Champions League, Eintracht Frankfurt zu schlecht für die Conference League. Die Kaderplaner von Leipzig, dem BVB und dem VfB Stuttgart dürfte das nicht gefreut haben.
Hier der aktuelle Stand
Italien 15,571
Deutschland 14,500
England 13,875
Frankreich 13,250
Spanien 13,187
Tschechien 12,750
Belgien 12,400
Türkei 11,000
Portugal 9,833
Niederlande 9,800
Die Punkte stimmen, vertrauen Sie uns. Wie sich zusammensetzen, ist kompliziert, wird daher an dieser Stelle nicht erläutert. Was Sie wissen müssen: In der kommenden Saison gibt es einen zusätzlichen Startplatz für die beiden ersten Länder in der Koeffizienten-Wertung der laufenden Spielzeit.
Der Koeffizient errechnet sich aus den gewonnen Punkten der nationalen Vertreter in Europa geteilt durch die Anzahl der insgesamt teilnehmenden Klubs eines Landes und hier beginnt das Problem. Denn mit dem erbärmliche Aus von Toppmöllers Eintracht, dem vorhersehbaren Scheitern von Union Berlin und dem unübersteigbaren Berg Real Madrid für Leipzig, reduziert sich die schon bald die Anzahl der deutschen Klubs auf maximal vier. Und da sind dann noch Bayern München, der BVB und SC Freiburg dabei. Die alle ihre Probleme haben.
Bedeutet der Blick sollte sich nicht auf Italien, die weiterhin sieben Klubs im Rennen haben, richten, sondern vielmehr auf England und da geht’s dann schon dahin. Die Bundesliga muss auf das Aus von Arsenal in der Champions League hoffen. Immerhin möglich, nach dem 0:1 in Porto und auf das frühe Scheitern von Brighton & Hove, West Ham und Aston Villa in der Europa respektive Conference League. Jürgen Klopp muss die Europa League ja gewinnen. Das will die Geschichte. Immerhin sind Manchester United und Newcastle United bereits zwei Klubs eliminiert.
Die anderen Ligen inklusive Frankreich und Spanien sind zu vernachlässigen. Dort braucht es schon ein paar Wunder. Was also muss jetzt passieren? Der FC Bayern muss Lazio besiegen und ein italienisches Team rausschmeißen. Auch ein Weiterkommen von Barcelona gegen Napoli wäre hilfreich. Dann dürfte sogar Inter gegen Atletico in die nächste Runde einziehen. Das würde den Spaniern wohl die letzten Chancen rauben. Der BVB darf nicht im Achtelfinale ausscheiden und Freiburg und Leverkusen sollten in der Europa League noch die eine oder andere Runde spielen.
Und sonst? Klicken Sie gerne auf das wunderbare Interview mit Julian Nagelsmann im „Spiegel“. In ein paar Fragen geht es da von Einwurfbeobachtungen in der Bundesliga zum Selbstmord des Vaters. Dass dieser Geheimagent war, dürfte in den nächsten Tagen ausgeschlachtet werden, ist aber nicht wirklich die Geschichte. Extrem lesenswert und nach dem, ebenfalls vom „Spiegel“ intensiv begleiteten Comeback von Toni Kroos direkt ein weiterer Grund, sich doch ein kleines wenig auf die Europameisterschaft zu freuen.
Wie die „Hamburger Morgenpost“ zu berichten wusste, haben „gewaltbereite Ultras“ ihren Unmut über den Einsatz der Polizei am Bahnhof Bergedorf formuliert. In Bergedorf hatte die Polizei rund 600 HSV-Fans im Zug festgehalten, um eben jene gewaltbereiten Fans ausfindig zu machen. Mit Spezialkräften hielt die Polizei die Meute in Schach und konnte wohl ein paar Fans identifizieren, die sich eventuell im Herbst 2023 mit BVB-Fans eine Bahnhofsschlägerei geliefert haben könnten.
Im Nachgang des Einsatzes seien dann zahlreiche anonyme Drohungen bei der Polizei eingegangen. Aus der Szene, wie es heißt. „Gerade vor dem Hintergrund stetig zunehmender Aggression und Gewalt gegenüber Einsatzkräften frage ich: Wo soll das alles noch hinführen?“, sagte Andreas Roßkopf, GdP-Bezirksvorsitzender für Bundespolizei und Zoll, der „MoPo. Die Absender der Drohungen hätten als „gewaltbereite Ultras“ unterschrieben. Die Kollegen müssten nun geschützt werden. Weitere Details konnte Roßkopf dann nicht rausgeben.
Und was ist das hier jetzt? Wer ist wer? Hier wird alles erklärt: