Sie klingen schlimmer als Edin Terzić, Herr Dembowski!
Das Finale in der Champions League geht mit 0:2 verloren. Real Madrid ist zu stark. Dembowski muss einige Fragen beantworten.
Am Finaltag hielt Dembowski nichts mehr auf der Kranichfarm. Das hatte mit dem Spiel zu tun und natürlich mit Justin Hagenberg-Scholz. Der Datenfuchs hatte Dembos letzten Text an eine große Nachrichtenseite verkauft und neben seinem Namen noch eine unsinnige Überschrift drübergeklatscht.
„Diese BVB-Mannschaft hat keine Zukunft mehr“ war da nun zu lesen und darunter in größten Lettern der Name Justin Hagenberg-Scholz. Ein Name, der wie der eines Bond-Bösewichts klang. In dieser Bösewicht-Rolle fühlte JHS sich scheinbar wohl, anders war dieser besonders perfide Gedankendiebstahl nicht mehr zu klären.
Um Aufklärung bemüht, kam Dembowski am Samstag also einige Wegbiere ausbalancierend in das Soldiner Eck gestolpert und brüllte sofort nach JHS. „Ist mit Berenice in Wembley. Und was machst Du hier, Bruder? Wie besoffen kann man sein? Dein Verein steht im Finale der Champions League und Du bist in einer Eckkneipe. Alles klar???“, fragte Schill. Der Ermittler schwieg. Weil JHS seinen Traum lebte und er sich nicht erklären wollte.
Der Wirt bestückte gerade die Jukebox neu und diskutierte mit Kai über Zenserys Lied „Schnaps.“. Kais Geschlecht war Mensch. Er konnte sich mit dem Song nicht identifizieren. Also blieb der Song draußen.
Dembowski platzte der Kragen. Zum Glück begann das Spiel schon bald. Heistek saß mit ihm am Tisch und sie tranken Schulle und tranken für jede vergebene BVB-Chance einen Schnaps. Kai war schon wieder außer sich, legte ihnen jedoch noch schnell ein paar Münzen auf den Tisch und war weg. Wie der Titel. Der Ermittler stand auf und drückte „Disappear“. Was hatte er Hope Sandoval damals geliebt. Fast mehr als den Fußball.
Guten Tag, Herr Dembowski. Der BVB hat das Finale der Champions League verloren!
Das ist leider korrekt. Ich erkenne da jedoch keine Frage.
Weil Sie immer so vorlaut sind.
Weil Sie wie eine Schnecke interviewen, inklusive dieser widerlichen Schleimspur.
Nicht bei Ihnen, Herr Dembowski, nicht bei Ihnen. Meine Frage: Wird der BVB jemals wieder ein Finale gewinnen?
Borussia Dortmund musste im größten Spiel der Welt mit Füllkrug und Adeyemi auflaufen. Das meint doch alles und trotzdem sind sie dem Titel nahegekommen. Weil sie Herz hatten, weil sie es mehr wollten.
Hätten sie es mehr gewollt …
… dann hätten sie gewonnen. Das ist schon richtig. Aber Sie müssen sehen, dass Adeyemi nun wirklich ein begrenzter Spieler ist, dass Lücke vorne nicht immer den Ball komplett sauber trifft und dass …
Herr Dembowski, sie langweilen mich. Erzählen Sie doch einmal etwas Überraschendes, etwas Neues, etwas Inspirierendes. Sie wiederholen sich.
Was ist das eigentlich für ein Gespräch hier? Sie wollten doch mit mir reden!
Aber doch nicht über diese Banalitäten.
Dann erzähle ich Ihnen jetzt was.
Machen Sie endlich!
Edin Terzić hat schon wieder die richtigen Worte gefunden. Er wollte einen Traum „wahr werden lassen“, sagte er und „keine Mission erfüllen“. Missionen könnten scheitern, Träumen aber ein Leben lang nachjagen. Man könne um sie kämpfen. Das ist eine ganz erstaunliche Aussage und Perspektive für einen Trainer. Besonders in Zeiten, in denen sich Spieler und eben auch Trainer immer wieder von Projekten überzeugen lassen. Das Terzić-Pathos kommt aus tiefstem Herzen. Terzić hat eine ganze Stadt glauben lassen, ganz tief glauben lassen. So sehr, dass sie ausgeströmt sind, obwohl sie wussten, dass sie scheitern werden. Wie so oft. Weil das ewige Scheitern der Grundzustand eines jeden Fußballfans ist. Es ist eine Sucht. Denn an einem dieser Tage wird der Verein nicht scheitern und dann möchten sie dabei sein.

Das alles macht Terzic aber nicht zu einem besseren Trainer.
Lassen Sie das jetzt endlich. Es sind doch ganz andere Frage, die mit so einem Finaleinzug in Verbindung stehen. Es geht eben um Glauben, es geht um Freundschaft, es geht um Fußball als das verbindende Element in den Leben so vieler Menschen. Das alles in Wembley und überhaupt erinnert mich an das Ende von Lost und das, was Olli Schulz daraus gemacht hat. „Es geht nicht immer um den besonderen Schluss. Es geht um den Anfang und das, was passiert und dass man die, die man liebt, nie vergisst und verliert.“ Das macht diese Spiele so besonders. Sie schaffen Erinnerungen. Sie sind Anlass genug, innezuhalten und zu sehen, wo man steht, was das Leben in den letzten Jahren veranstaltet hat und sich allgemein zu vergewissern, dass man nicht allein ist auf dieser Welt. Und es nie war, weil da immer dieser eine Verein war.
Sie klingen schlimmer als Edin Terzić, Herr Dembowski!
Diese Finaltage sind für die Anhänger mehr als nur Finaltage. Sie ein Fest der Freundschaft. Sie sind eine Feier des Lebens. Sie sind der Endpunkt einer Reise. Terzić versteht das. Weil er es erlebt hat. An diesen Tagen ziehen ganze Fankarrieren am inneren Auge vorbei. Von Berlin 1989, von München 1997 oder Wembley 2013, vielleicht aber sogar von Glasgow 1966 aus wird das Leben gedacht und in Abschnitte unterteilt. Bei anderen Vereinen sind es andere Daten. Erinnern Sie sich nur an das erste Spiel von Union Berlin in der Bundesliga. Das sind die Momente, die nie vergehen werden. Das sind die großen Linien eines Lebens und dort sind sie alle in den Herzen verankert.
Der BVB hat trotzdem verloren.
Weil es Real Madrid war und vielleicht auch, weil Terzić den Traum zu kitschig geträumt hatte. Marco Reus als Held, so wie es Hansi Küpper in seiner fiktiven Reportage im Theater Olpketal ersponnen hatte. Hummels auf Reus in der letzten Minute. Dabei war es eben Hummels auf Adeyemi in der ersten Halbzeit. Da wurde das Finale entschieden.
Der BVB entwickelt sich zu einem Verliererklub. Mainz 23, Madrid 24.
Was für ein Quatsch! Zwei vollkommen unterschiedliche Spiele …
… die Dortmund beide nicht gewinnen konnte. Jetzt steht der große Umbruch an. „Diese BVB-Mannschaft hat keine Zukunft“, titelte Justin Hagenberg-Scholz auf ntv.de.
Reiben Sie mir es doch auch noch unter die Nase. Er hat mir meinen Text geklaut. Aber ja: Der BVB wird sich verändern müssen und diese Mannschaft werden wir nie wieder sehen. Der Finaleinzug bleibt eine der größten Merkwürdigkeiten der Fußball-Geschichte.
Nur getoppt von Griechenlands EM-Triumph 2004. Zwanzig Jahre später zählen die Griechen erneut nicht zum Favoritenkreis.
Sie sind nicht qualifiziert.
War nur eine Überleitung: Bundestrainer Julian Nagelsmann will nie wieder was von so einer Scheiß-Umfrage lesen. Die ARD hatte Rassisten mit einer Suggestivfrage in die Rassismus-Falle gelockt. Jetzt wird die ARD vernichtet.
Immerhin hat er nicht noch von Zwangsgebühren geredet. Aber lassen Sie mich etwas weiter ausholen. Vor vielen Monden habe ich einmal in einem alten Mercedes gesessen. Die Sitze waren mit Fell überzogen, am Radio konnte man nur drehen, die Menschen rauchten noch Kette in den Autos. Da begab es sich, dass auf WDR2 ein Bericht über Knochenschwund lief und der Fahrer seine Kippe wutentbrannt im Aschenbecher ausdrückte, an die Seite fuhr und begann auf das Radio einzuprügeln. „Knochenschwund, ich geb dir gleich Knochenschwund“, schrie er dabei und hörte erst mit dem Einsetzen der Stille auf. Führte dazu, dass wir einen Termin verpassten.
Tolle Anekdote, ohne Zusammenhang.
Natürlich. Sie können besser sein.
Das stimmt. Bei der Nationalmannschaft bestehen auch keine Zweifel: Sie wird besser sein. Das zeigt eine kicker-Umfrage unter Profis. Deutschland wird Europameister, heißt es da.
Prima. Dann brauchen wir das Turnier nicht mehr spielen.
Das wird nicht passieren.
Das befürchte ich auch.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Dafür nicht.