Hitler, Tuchel und der Karpfen Koi
Das Tagebuch einer Eskalation. Die Tage vom 09. Februar bis zum 14. Februar gehören zu den normalsten der Welt. Auch im Soldiner Eck. Deswegen müssen sie dokumentiert werden.

Freitag, 09. Februar 2024
Dietfried Dembowski hat Hauke Schill am Kragen. Der Ermittler ist ungehalten, um es freundlich auszudrücken. Auf den Bildschirmen des Soldiner Ecks flackert das Zweitliga-Spiel Hamburger SV gegen Hannover 96. Reiser und JHS diskutieren ausgiebig über die Proteste im Volksparkstadion. Schill hört interessiert zu. JHS meint beweisen zu können, dass eine lange Spielunterbrechung immer der zurückliegenden Mannschaft zum Vorteil gereicht. Die Datenlage ist dünn. Schill setzt trotzdem 100 Euro auf Sieg Hamburg. Die Quote steht bei 4,25. Mit dem Gewinn will er ein Wochenende in Bad Saarow verbringen.
Reiser echauffiert sich über die Fadenkreuze. Er diktiert seiner Redaktion ein paar wuchtige Worte in das System. Immer wieder ist von einem Mordaufruf die Rede. Vor dem Eck fahren ein paar Traktoren vorbei. An einem von ihnen hängt Robert Habeck an einem Galgen. Der Ermittler trinkt ein paar Schulle und versucht verzweifelt, den BVB zu sehen. Sein Stream bricht immer wieder ab. Schill will nicht umschalten. Er hat da ne Wette am Laufen. Dann eskaliert es. Hamburg verliert, Dortmund gewinnt. Dembowski drückt "Wenn Dir St. Pauli auf den Geist fällt". Darauf können sich alle einigen. Es gibt eine Runde Schnaps. Nur JHS nimmt ein KiBa-Pinnchen.
Samstag, 10. Februar 2024
Die Kraniche fliegen wieder. Der Frühling ist zu Gast. Kurzer Besuch auf der Farm. Da ist alles ruhig. Zurück in die Stadt. Sogar die Wolfsburger protestieren mit. Das Kapital wütet noch immer. "Die Proteste zeigen, welche Gefahr von den sogenannten Fans ausgeht", sagt Reiser. Am Ende werden alle Spiele nicht nur angepfiffen, sondern auch abgepfiffen. Leverkusen deklassiert die Bayern. Die Daten, sagt JHS, haben das schon vorher belegt.
Dembowski holt eine alte VHS-Kassette raus. Da müssen jetzt alle durch. Der BVB in München. Im Februar 2011. Nuri Sahin. Klopp geht eine Brille kaputt und die erste Dortmunder Meisterschaft ist perfekt. Reiser schachert um Alonso. Er telefoniert viel. Nach seinen Informationen kann alles ganz schnell gehen, aber noch ist nichts entschieden. Thomas Müller blitzanalysiert für das Herz. Schill ist abgelenkt. Erste Gerüchte um Tim Walter. Schürrle ist zu Gast. Er erzählt wieder von seinen Bergtouren. War halbnackt in der Tatra. Musste durch den Schmerz. Kai kommt die Treppe runter. Erzählt was von genervten Investoren. Dembowski schnorrt ein paar Euro. Schill hat „1999 - Write the Future“ besorgt.
Sonntag, 11. Februar 2024
Walter ist immer noch Trainer. Tuchel auch. Thomas Müller legt auf Instagram nach. Spricht von einem "Albtraum". JHS sagt, dass Müller auf Englisch schreibt, um die Frage Albtraum mit B oder P zu umgehen. Kai kommt die Treppe runter. Hat ein paar Infos über Schwarzman, Blackrock besorgt. Er zitiert aus "Heuschrecke über Obamas Steuerpläne - 'Wie Hitlers Angriff auf Polen'". Da steht: "Er ist die Inkarnation des bösen Kapitalisten: Stephen Schwarzman steht für so ziemlich alles, was im Zuge der Finanzkrise in Verruf geraten ist: Gier, Prunksucht und erbarmungslosen Wettbewerb." Danach folgen die Zitate über eine geplante Steuererhöhung Obamas im Jahr 2010. "Es ist wie damals, als Hitler 1939 Polen überfiel."
Hitler geht immer, sagt JHS und verschickt ein paar Mails über einen verschlüsselten Server. Dembowski schnorrt ein paar Euro von Kai. Schill hat das neue Album von EMF besorgt. Hello People fängt wie Say Something von James an und wird dann schnell belanglos. Aber die Stimme von James Atkin ist ein alter Freund, der wieder zu Besuch ist. Im Fernsehen droht mal wieder ein Funktionär den Fans. "Zu wem redet der eigentlich?", fragt Schill, Reiser notiert: „Enthüllt! Das ist die 24. Stimme!“, der Funktionär korrigiert sich später. Dembowski bestellt noch eine Runde Schulle. Auf dem Notepad von JHS sind ein paar Grafiken zu erkennen. "Das können die nicht mehr einfangen", sagt er. Johan Rottenberg ist mal wieder da. "Das ist nicht einmal mehr No-Show", sagt er zu Dembowski und legt ihm ein paar Bilder aus Leipzig vor. Da ist seit Wochen niemand mehr im Stadion.
Montag, 12. Februar 2024
Mainz schmeißt Siewert raus. Der HSV Walter. Steffen Baumgart trägt Camp David in Dubai. Rosenmontag. Niemand will feiern. Dembowski ist zurück auf der Farm. Er schwimmt mit Koi. In der Ferne vernimmt er eine Melodie. Er wird sich immer erinnern.
Dienstag, 13. Februar 2024
Die Bahn zurück in die Stadt ist voll. Der Ermittler hört "Mao Tse Tung Said" auf Dauerschleife. JHS unterbricht ihn. Ruft an. Blackstone wird zurückziehen. "Hitler geht immer", sagt er, das habe er aber auch schon Sonntag bereits gesagt. Stimmt. Dembowski singt. "Change must come through the barrel of a gun". Hier waren es nur Tennisbälle, was Reiser begeistert. "Die Tennisball-Revolution", sagt er. In Leipzig protestieren sie gegen den modernen Fußball. Der verarscht die, die den Fußball verarscht haben. Ein windiger VAR entscheidet erneut ein Spiel in der K.o.-Phase der Champions League. Schill ist traurig. Mit Baumgart wird das wohl nichts. Er will jetzt Felix Magath.
Mittwoch, 14. Februar 2024
Kaiserslautern schmeißt Grammozis raus. "Wird er wenigstens nicht durch die Stadt gejagt", sagt Dembowski. Die WAZ vermeldet, dass der neue Schalker Leihspieler Soppy nicht zweitligatauglich ist. Wer wohl als nächstes rund um die Arena gejagt wird? Sie hören alte Sprachnachrichten und fühlen sich ganz nostalgisch. Ein Mittel gegen Depressionen, schrieb der Spiegel neulich. Sie legen Fast Car auf. Alle sind immer noch nostalgisch. Schill will immer noch Felix Magath, Lautern bekommt Friedhelm Funkel. Die guten alten Zeiten.
Am Abend verlieren die Bayern bei Lazio Rom. Thomas Müller blitzanalysiert am Mikrofon. "Ist jetzt Pressesprecher", sagt Reiser. Tuchel ist immer noch da. Er fürchtet nicht um seinen Job. JHS bereitet ein paar Daten auf. Die Erkenntnis. Bayern München ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Zahlen zu hohe Gehälter für zu durchschnittliche Spieler. Dembowski erinnert das alles an den BVB. Dabei geht es da sehr gut. Am Wochenende spielen sie beim fußballgewordenen VW Polo am Mittellandkanal. Am meisten freuen sich alle auf Niko Kovač. "Der kann Niederlagen noch besser erklären als Thomas Müller", sagt Reiser. "Der hat auch mehr Übung", sagt Dembowski und freut sich auf Mittelmaß am Mittellandkanal. Tuchel wird dann immer noch da sein. Bayern spielt erst Sonntag im Ruhrstadion.
Organigramm nennt man das, glaub ich, auf Neusprech. In any case, Hitler kannse dir sparen, denn kennen die meisten noch irgendwie. Tuchel kannst du dir auch sparen, ist Geschichte. Aber anders Geschichte als Hitler. Bayrische Geschichte, nicht deutsche Geschichte. Naja, oesterreichische, genau genommen. Aber gut. Die hatten ja auch nur Gastauftritte. Ich meine JHS und die Schurken aus dem Eck.
Für Neu-Abonnenten oder Leute wie mich, die schon länger nicht mehr dabei waren, wäre unter dem Text eine kurze (copy & paste, einmal schreiben, immer nutzen) Bio der üblichen Verdächtigen nicht verkehrt, damit man wieder weiss, wer mit wem und seit wann und wieso überhaupt.