Waren harte Zeiten. Auch für Dietfried Dembowski, der nicht mehr reden wollte, der nicht mehr da sein wollte, der seine Abenteuer längst nicht mehr für eine Öffentlichkeit durchlebte. Der Ermittler fand nichts mehr, auf das er seinen Blick fixieren konnte. Alles rauschte vorbei. Einzelne Wassertropfen im gigantischen Wasserfall der Zeit. In ihrem gemeinsamen Wirken rissen die Tropfen alles mit, was sich auf der Oberfläche ausbreiten wollte. Es gab nur eine Geschwindigkeit: Full Speed. Es gab nur eine Richtung: hinab. Es gab nur einen Aufschlag: den alles zerstörenden.
Diesem permanenten Überforderungszustand entzog Dembowski die Aufmerksamkeit. Er bekämpfte ihn mit seinem Rückzug. Da draußen auf der Kranichfarm zogen die Tage vorbei. Auf den Herbst folgte die Dunkelheit. Auf die Dunkelheit bald der Schnee. Auf den Schnee folgte der Regen. Mal wogen die Wolken schwer, mal hingen sie leicht über den kahlen Wiesen, auf denen die Kraniche ihrem Tagewerk nachgingen. Hier war jeder Tag nur ein weiterer Tag für die stumme Abrechnung aller Tage.
Einmal aber leuchteten die Wolken silbern. Es war, als lebten sie jetzt auch hier unter fremdem Himmel. Es war der Tag, an dem Dietfried Dembowski zum ersten Mal seit Monaten seinen alten Bekannten Justin Hagenberg-Scholz kontaktierte. Der führte seit einiger Zeit die Geschäfte des DIDs. Der war kaum wiederzuerkennen. Weil er eigentlich nicht mehr existierte. JHS hatte das Erbe Dembowskis zerstört. Der DID war in Vergessenheit geraten und nur manchmal erinnerte sich jemand daran, das da früher etwas war, was anders und deswegen gut war.
Große Worte, jetzt müssen große Taten folgen
"Justin, ich muss was schreiben", sagte Dembowski an diesem Tag, an dem es allen schwindelig wurde, an dem niemand mehr etwas greifen konnte, weil sich - von silbernen Wolken ausgeleuchtet - alles drehte. "Das wird unseren 76 Lesern Halt geben", sagte JHS und Dembowski nichts mehr. Und Dembowski schrieb nichts von dem, was er sagen wollte.
Stattdessen blätterte Dembowski in alten Zeitungen. Immer wieder fand er die Worte von Hans-Joachim Watzke. "Wir haben zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten Krieg in Europa. Die Mehrheit der Deutschen begrüßt es, dass die Bundeswehr zur Sicherung von Freiheit und Demokratie, modernisiert wird. Genauso gibt es eine deutliche Mehrheit der Menschen, die möchte, dass wir die Ukraine, die unter dem Angriffskrieg Russlands leidet, unterstützen. Beides funktioniert aber nur mit moderner Verteidigungstechnik. Wo wäre die Ukraine denn heute ohne Waffen aus den USA und Europa?", fragte der im vergangenen Sommer. Damals verteidigte der BVB-Boss mit großen Worten den Dortmunder Vertrag mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall.
Der BVB hatte sich im Sommer 2024 ja klar positioniert, dachte Dembowski. Er hatte sich schon vorher, also im Februar 2022, klar positioniert. Der BVB stand auf der Seite der Ukraine. Das unterscheidet den BVB von der FIFA und mittlerweile auch von denen, die die USA übernommen haben. "Ich möchte mich bei Präsident Trump, mit dem mich eine große Freundschaft verbindet, bedanken. Ich möchte ihm vergewissern: Zusammen machen wir nicht nur America Great Again, sondern auch die gesamte Welt. Denn Fußball, oder Soccer, vereint die Welt", hatte FIFA-Präsident Gianni Infantino am Vorabend des Staatsstreichs in den USA gesagt und Trump, der ihn noch 2020 in Davos Johnny genannt hatte, damit seine Unterstützung zugesagt.
Boykott oder Verlust jeder Glaubwürdigkeit
Als Trump nun Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus in einen Hinterhalt lockte, sekundierte Infantino ihm von einem Kongress in Belfast. "Wir alle hoffen, dass die Friedensgespräche erfolgreich sein werden, denn ich denke, dass es für die Welt viel wichtiger ist als für den Fußball, dass wir Frieden haben. Wir freuen uns auf den Moment, an dem alle Länder der Welt wieder Fußball spielen können. Wenn der Fußball eine kleine Rolle spielen kann, sobald Frieden herrscht, dann werden wir natürlich unsere Rolle spielen", sagte der FIFA-Präsident und in Washington brüllte Trump Selenskyj einen Weltkriegsauslöser. "Er kann wiederkommen, wenn er bereit für den Frieden ist", schrieb er auf den sozialen Giftplattformen und Russland jubelte, sah Dembowski.
Der BVB durfte sich mit diesen Menschen nicht länger gemein machen. Der BVB war mit Rheinmetall ins Bett gegangen, weil es ihm um die Ukraine gegangen war. Der BVB war dadurch an diesem Abend in eine Position geraten, die ihn geradewegs in den Boykott der durch ein kaum mysteriöses Milliarden-Dreiecksgeschäft zwischen Saudi-Arabien, DAZN und der FIFA finanzierte Klub-WM in den USA führen musste. Es war der einzige Ausweg, um die Glaubwürdigkeit des Klubs auch für die nächsten Generationen sicherzustellen. Die war wichtiger als alles Blutgeld dieser Welt.
Dann entglitt Dembowski der Wassertropfen in diesem gigantischen Wasserfall der Zeit. Auf dem Plattenteller drehte sich dieses eine Lied von Justin Townes Earle. "Storm coming, no way it's gonna miss us now. Storm coming. Don't be frightened by the sound." Waren harte Zeiten.